Textile Blindenleitsysteme mit RFID
14.02.2025
Das TFI – Institut für Boden- und Raumsysteme an der RWTH Aachen e.V. ist spezialisiert auf Forschung, Zertifizierung und Qualifizierung textiler Bauprodukte. Durch seine Forschungsprojekte unterstützt es Hersteller dabei, textile Bau- und Einrichtungsprodukte verantwortungsvoll und nachhaltig zu fertigen – für zukunftsweisendes Wohnen und Arbeiten.
Im Projekt ModuLeiT entwickelt das TFI Aachen gemeinsam mit der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) und unter Einsatz der RFID-Technologie von smart-TEC innovative Smart Textiles.
Projekt ModuLeiT: Innovation für smarte Textilien
Das Projekt ModuLeiT konzentriert sich auf die Entwicklung einer Entwurfsrichtlinie für modulare, haptische und optische Bodenindikatoren, die als Leit- und Informationssystem dienen. Dabei werden RFID-Transponder in textile Bodenbeläge integriert, um sehgeschädigten Menschen die Orientierung in Innenräumen zu erleichtern.
In enger Zusammenarbeit mit sehgeschädigten Personen sowie Unternehmen aus dem projektbegleitenden Ausschuss wurden spezifische Anforderungen für das Leitsystem erarbeitet. Die smart-TEC GmbH stellte die RFID-Technologie bereit und unterstützte mit ihrer Expertise. Basierend auf diesen Erkenntnissen entstanden Bodenindikatoren für den Innenbereich, die mithilfe der Tufting-Technik* gefertigt wurden und eine große Vielfalt an Struktur- und Farbmusterungen ermöglichen.
Die dreidimensionalen textilen Bodenindikatoren aus modularen Teppichfliesen, die mit dem Blindenstock erfassbar sind, ermöglichen einen vielseitigen Einsatzbereich. Für das Navigationssystem wurden RFID-Transponder in die Teppichfliesen integriert, die mit einem dafür entwickelten elektronischen Blindenstock ausgelesen werden können.
Zum Einsatz kommt die smart-CARD von smart-TEC. Die RFID/NFC Technologie wird in Polyesterfolien eingeschweißt, wobei Größe, Form, Durchmesser und Aufdruck frei gestaltbar sind. Im Fall des ModuLeiT-Projektes werden drei verschiedene RFID/NFC Chips in das 0,2 mm starke Kunststoffschild integriert, welches in diesem Fall eine Größe von 100 mm x 100 mm hat.

Das System ist über eine Schnittstelle mit dem BIM-Gebäudeinformationsmodell verbunden. Auf dieser Grundlage wurde eine barrierefreie Navigations-App entwickelt, die in Echtzeit durch das Gebäude führt und die relevanten Informationen direkt auf mobilen Endgeräten bereitstellt. Im Zuge der Entwicklung wurden Gestaltungsrichtlinien, Anforderungen und Prüfverfahren zur Praxistauglichkeit des Systems erarbeitet. Diese wurden anschließend mithilfe eines Demonstrators in einem Praxistest mit sehgeschädigten Personen validiert.

„Von den Entwicklungen des Projekts profitieren neben der Inklusion sehgeschädigter Personen sowohl Hersteller textiler Bodenbeläge, ihre Zulieferer als auch Hersteller von RFID-Systemen.“
Tamara TheilmannM. Sc. vom TFI - Institut für Boden- und Raumsysteme an der RWTH Aachen e.V.
Big Picture der Zusammenhänge zwischen den einzelnen Faktoren für den Aufbau von barrierefreien Gebäuden mit RFID-basierten textilen Bodenindikatoren (Quelle: ModuLeiT Forschungsprojekt)
„In einer immer älter werdenden Gesellschaft werden Barrierefreiheit und Orientierung in Gebäuden immer wichtiger. Besonders Menschen mit eingeschränkter Mobilität benötigen mehr Unterstützung, um sich sicher und selbstständig zu orientieren“, betont Prof. Joaquín Díaz von der THM.
Das Besondere an ModuLeiT ist die Verknüpfung von analogen und digitalen Technologien:
- Bodenindikatoren aus textilen Materialien bieten taktile und visuelle Orientierungshilfen.
- RFID-Transponder in den Bodenbelägen liefern Daten an die Navigations-App.
- Die App greift auf digitale Zwillinge von Gebäuden zurück, die mit dem Building Information Modeling (BIM) erstellt wurden.
Diese Kombination sorgt für eine barrierefreie und präzise Gebäudenavigation, bei der Umgebungsinformationen auch auditiv übertragen werden können.
Enormer gesellschaftlicher Mehrwert:
Das Forschungsprojekt leistet einen wichtigen Beitrag zur Inklusion und Selbstständigkeit sehbehinderter Menschen. Das Ziel ist, ein System zu schaffen, welches einfach zu implementieren und skalierbar ist - ob in Behörden, Museen, Universitäten oder Einkaufszentren. Hersteller von textilen Bodenbelägen sollen auf Basis der Forschungsergebnisse Richtlinien erhalten, um barrierefreie Lösungen in ihre Produktlinien zu integrieren.
Das IGF-Vorhaben „Entwicklung einer Entwurfsrichtlinie für modulare, haptische und optische Bodenindikatoren für Blindenleitsysteme und RFID-basierte Navigationssysteme für Innenräume auf Basis textiler Bodenbeläge (ModuLeiT)“ 22683 BG der Forschungsvereinigung Forschungskuratorium Textil e.V., Reinhardtstraße 14-16, 10117 Berlin wird über die DLR im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
Konzept des Leitsystems für Innenräume (Sprechblase: Tufting-Struktur des Bodenindikators, Lautsprecher-Symbol: Audio-Informationen über Mobiltelefon durch Signal des Auslesegeräts), (Quelle: ModuLeiT Forschungsprojekt)
*Die Tufting Technik ist das weltweit am häufigsten eingesetzte Verfahren zur Herstellung von Teppichböden



